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  • Lynn Blattmann

Innovation aus dem Hinterhof

Wie aus einer alten Kuh Edelprodukte hergestellt werden können.

Rindfleisch kann so veredelt werden, dass praktisch alle Teile einer ausgewachsenen Kuh zu saftigen und schmackhaften Steaks verarbeitet werden können. Damit dies gelingt, braucht es einen hervorragenden Metzger, der die guten Stücke auch dort richtig herauspräparieren kann, wo die meisten bloss Sied- oder Wurstfleisch vermuten.

Und es braucht einen Fleischreifer, der weiss, wie man aus dem Frischfleisch richtig gut abgehangene und durchgreifte Gourmetstücke macht.

Einer, der dies alles beherrscht, ist Michael Vogt von der Hinterhofmetzgerei am Yachthafen in Staad am Bodensee.

Michael Vogt ist eigentlich Druckereiunternehmer, aber seine Leidenschaft für Fleisch und seine unternehmerische Ader haben dazu geführt, dass er sich auf Rindfleisch spezialisiert hat und zwar auf solches, das gleich im Dorf nebenan weidet. Er ist sicher, dass die Rinder nur mit Gras und Heu gefüttert werden, weil ihm die Tiere bereits zu Lebzeiten gehören.

In Vogts Augen braucht Rindfleisch zwei Dinge für eine optimale Qualität: Ein langsames Wachstum der Jungtiere und eine Fütterung, die ausschliesslich aus Heu und Gras besteht.

Entscheidend für die Fleischqualität ist das intramuskuläre Fett und die äussere Fettschicht des Fleisches. Nur wenn genügend Fett daran ist, kann das Fleisch am Knochen an der Luft gereift werden.

Mit leuchtenden Augen zeigt Vogt auf die Rinderhälften, die in seinem Kühlraum mit Schaufenster hängen. Ich staune über die schöne Fettschicht, glaubte ich doch immer, dass unsere mit Heu gefütterten Rinder einfach nicht fett genug werden für gute Steaks und darum als Schmorfleisch am besten schmecken. Vogt schüttelt den Kopf und zeigt auf das oben abgebildete Schaubild. Die meisten der dort angegebenen Cuts verkauft er als Steaks für Fortgeschrittene.

An der Luft oder im Butter gereift


Die meisten Rinder, die er in seinem Laden reift und zu hervorragenden Special Cuts verarbeitet sind drei Jahre alt, einige sogar noch viel älter. Er schwärmt davon, wie gut eine sieben Jahre alte Kuh schmecke, die intramuskuläres Fett habe, man müsse sie nur genügend lange reifen lassen.

Heute werden die meisten Fleischstücke gleich nach dem Schlachten zugeschnitten und entbeint und dann in Plastik vakuumiert.

Dadurch verliert das Fleisch zwar fast kein Gewicht, aber im Plastik könne sich der Geschmack des Fleisches nicht richtig entfalten, meint Vogt und rennt in seinen Kühlraum um ein besonderes Stück zu holen.

Ich erkenne den Cut nicht. Er lacht. Es sei ein Entrecôte, das er zur Reifung in Butter eingepackt habe, dadurch werde das Fleisch zart und nehme den Buttergeschmack an.

Dann verschwindet er erneut in seiner Fleischwerkstatt und kommt mit einem Stück warmem Fleischkäse auf zurück. Der Fleischkäse bestehe ausschliesslich aus Rindfleisch meint er und ermuntert mich zu probieren. Er schmeckt salzig und ist sehr aromatisch. Ich frage ihn, ob da nicht wenigstens Schweinespeck drin ist, denn von meinem Grossvater, der Metzger war, weiss ich, dass gute Würste immer Schweinefleisch enthalten müssen.

Wieder lacht Vogt vergnügt. Er habe lange an dem Rezept getüftelt, aber da er nun mal kein Schweinefleisch verkaufe, wolle er auch keines verarbeiten. Es ist ihm ein Anliegen, dass alle Teile seiner Rinder gegessen werden und er tut alles dafür, dass sie sich in Delikatessen verwandeln.

Seine Kunden danken es ihm. Er verkauft in die ganze Schweiz und über die nahen Landesgrenzen an Feinschmecker, die wissen, wie man die Special Cuts auf dem Grill richtig behandelt. Auf Instagram hat er 1400 Follower.

Wer sich das Selbstgrillen nicht zutraut, kann sich an einem langen Tisch in Vogts Laden an seinen Special Cuts satt essen und erst einmal herausfinden, ob das Bavette-Stück oder das Flat-Iron Steak besser schmeckt.

Übrigens, die alten Kühe, aus denen er die besten Spezialitäten macht, die kauft er zu. Allerdings sei es eine ziemliche Lotterie solche zu finden mit viel intramuskulärem Fett, denn man sehe es der Kuh von aussen nicht an, ob sie genügend Intramuskuläres Fett habe, es sei bei der Auswahl also immer auch eine Portion Glück dabei.




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